Im Land der Gastfreundschaft

 

Kathleen

2016-11-27

 

Auf unser Reise haben wir bislang 8 Länder besucht und schon vorher im Rahmen von Urlauben diverse Länder mehr gesehen aber noch in keinem Land haben wir eine dermaßen große Gastfreundschaft kennengelernt.

 

Hier reden wir über viel mehr als das allerorts gebräuchliche „Welcome to Iran“.

„Welcome to Iran“ ist der hier gegenüber Ausländern wohl am aller häufigsten gebrauchte Satz. Weiter geht es dann mit „Where are you from“ und „How are you“. Da wir leider weder türkisch, farsi oder arabisch sprechen, endet die Konversation seitens der Iraner hier oft, natürlich nicht ohne vorher zumindest versucht zu haben ein Foto zu erhalten, Hilfe anzubieten, eine Telefonnummer zu erfragen oder eine Einladung zu einem Besuch auszusprechen.


 

Hätten wir alle Einladungen angenommen, würden wir uns derzeit wahrscheinlich immer noch in Norden Irans aufhalten. Wenn man diese ablehnt, wird oft auch noch bekräftigt, dass die Einladung wirklich ernst gemeint ist und dies einfach hier zur Kultur dazu gehöre. Für uns wirkt es allerdings manchmal sehr befremdlich schon nach 5 Minuten eingeladen zu werden, ohne das man sich überhaupt näher gesprochen hat.

 

Uns wurde sogar schon einmal eine Wohnung überlassen, da die Gastgeber noch Besorgungen tätigen mussten.

 

Würden wir es darauf anlegen, könnten wir uns hier allein durch diverse Einladungen versorgen und müssten äußerst wenig zu essen kaufen.

Unsere Vorräte an Datteln werden vermutlich für die nächsten fünf Jahre reichen.

Liese hat ihre Stiege Mandarinen inzwischen verputzt.

Die riesengroße Kiste mit Muffins war einfach nicht zu bewältigen. Kekse und Chips gab es reichlich genauso wie noch diverse andere Sachen. (Die Bilder zeigen nur einen Bruchteil.)


 

Wir suchen ja meist die abgelegenen Orte auf, aber irgendjemand kam selbst dort immer vorbei, der uns zu Besorgungen mitgenommen hat oder einfach bspw. Brot oder Wasser vorbeigebracht hat. Auch eine Telefonkarte haben wir geschenkt bekommen, weil gerade kein Laden geöffnet hatte.

 

 Ich frage mich oft, ob ich irgendwann einmal einen Touristen oder Reisenden in Deutschland angesprochen habe und ihm Hilfe angeboten habe. Sofern er nicht gerade Hilfe suchend aussah, muss sich das leider verneinen. Das bedeutet nicht, dass kein Interesse da gewesen wäre aber anscheinend gehört dies einfach nicht zu unser Kultur. Der Deutsche ist da reservierter.

 

Ehrlich gesagt, würden wir uns dies manchmal auch hier etwas wünschen. Keine Frage, wir haben wunderbare Menschen kennengelernt und sicherlich werden wir einige davon auch nochmals wiedersehen. Aber wir haben auch erfahren, wie es sich anfühlt, wenn Gastfreundschaft aus dem Rahmen gerät.

 

Unsere Telefonnummern haben sich inzwischen verselbständigt. Wir werden von Menschen angeschrieben, die wir noch nie in unserem Leben gesehen haben. Oder wir erhalten WhatsUp Nachrichten mit allerlei Icons, da die Sprachkenntnisse für eine Konversation nicht ausreichend sind.

 

Wir wurden auch schon von einem Iraner zwei Tage lang mit Pizza, Getränken, Obst, Gemüse, Brotaufstrich und sogar einer Tankfüllung versorgt, so dass wir dann erstmal geflüchtet sind. Das ging dann soweit, das er uns an seinen Bekannten in der Nachbarstadt „vermittelt“ hat, der uns unbdingt bei unseren Besorgungen helfen sollte und beide uns hinterher telefoniert haben, weil wir uns nicht gemeldet haben.  

 

Manchmal scheint "Touristen zu versorgen" eine Art Volkssport zu sein. Das ist einerseits ganz angenehm aber irgendwann möchte man einfach auch ein wenig Abstand.

Vergleichen wir es mit bspw. Russland. In Russland waren die Menschen auch sehr offen, interessiert und außerordentlich hilfsbereit. Wir wurden auch dort angesprochen und eingeladen aber immer mit etwas Abstand und langsamer Annäherung. Man spürte ehrliches Interesse, um unserer Person willen. Aber das Entscheidende ist, dass sobald wir auch nur das leiseste Anzeichen von uns gaben, dass es momentan nicht passen würde oder wir keine Zeit hätten, zogen sie sich sofort zurück und man konnte seine Dinge erledigen.

 

Hier im Iran müssen wir zudem etwas Zeit vergehen lassen, denn seit wir im Telegram, das ist ähnlich Instagram, waren kennt uns das halbe Land. Dort hat jemand ein Foto von uns gepostet und seit dem werden wir ständig angesprochen, man habe uns im Internet gesehen und ob wir das wirklich seien. Umso stolzer sind die Menschen, das sie jetzt nicht nur einen Ausländer sondern auch noch einen aus dem Internet zu sehen bekommen haben. Wir lassen mal Gras über die Sache wachsen …..

 


Unsere blonden Kinder haben inzwischen glücklicherweise gelernt zu zeigen, wenn sie etwas nicht wollen oder sind schlau genug, um sich zu verkrümeln. Sie stehen extrem im Fokus und man kann garnicht so schnell gucken, wie die Menschen sie anfassen oder Fotos machen. Da hilft es auch teilweise nicht, "nein" zu sagen. Einigen Iranern scheint es zudem unvorstellbar, das die Kinder oder wir es nicht mögen könnten.

 

Alles in Allem kann Gastfreundschaft auch manchmal überhand nehmen und anstrengend sein. Für uns Europäer braucht es manchmal wohl etwas Abstand. Dennoch sind wir gern hier unterwegs und freuen uns über die Menschen und denken auch, wir Deutsche könnten uns ein Stück weit daran orientieren und versuchen unseren Mitmenschen und sei es auch manchmal „nur“ der Nachbar oder die ältere Dame im Supermarkt offener und hilfsbereiter gegenüber zu treten.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Renate (Sonntag, 04 Dezember 2016 14:28)

    Euer Bericht zeigt wie unterschiedlich doch die Kulturen sind. Wenn alle von einander lernen würden, hätten wir eine wunderbare friedlich Welt und einen liebevollen Umgang mit einander.