Immer an der Wolga lang

Kathleen

2016-10-10

Nun ist es bereits Oktober und wir sind seit dem 22. September in Georgien angekommen. Einer im Vergleich zu Russland vollkommen anderen Welt. Gerade sitze ich hier im Auto in den Bergen und es wird nun also langsam Zeit diesen letzten Russlandbericht zu schreiben.


Der letzte Bericht beschrieb unsere Eindrücke von Moskau und dem Goldenen Ring. Jetzt geht es in den Süden.


Wir sind letzten Endes unserem erstem Gedanken gefolgt und sind mit der Wolga ab Saratow nach Süden zum Kaspischen Meer gefahren.  Unbedingt wollten wir nun auch den Kindern zeigen, wie aus der Wolgaquelle ein mächtiger Fuss wird, der in das Meer mündet.

 

Nachdem uns im Norden grüne Wälder, Birkenhaine und später auch Wiesen und Felder begleitet haben, verwandelt sich die Landschaft südlich von Moskau.


Spätestens seit Saratow ist die Erde trotz der Wolga trocken. Die Felder und Ebenen haben anscheinend schon seit langem kein Wasser mehr gesehen. Die Luft ist erfüllt von Staub, der über die kargen Landstriche geblasen wird und vom thymianähnlichen Duft der Kräuter und Gräser. Die Landschaft hat einen Gelbton angenommen.

Dort wo Wasser sich seinen Weg sucht, findet sich auch grün.


Trotzdem  wird fleißig geernet. Melonen, Kürbisse  und Tomaten. Die Ware wird direkt am Strassenrand verkauft.

 

Umso weiter südlich man nach Astrachan kommt, sind es dann  hauptsächlich Tomaten und Zwiebeln, Zwiebeln, Zwiebeln. Dort wo die Zwiebeln gerade geerntet werden, leuchten die Felder rot von den Zwiebelsäcken, die dort zur Abholung bereit aufgereiht liegen.

 

Auch die Zwiebeln werden direkt an der Strasse verkauft, natürlich in ganzen Säcken. Wenn wir mit unseren Kleinstabnahmemengen kommen, bekommen wir die Tomaten und Zwiebeln meistens sogar geschenkt. Gekauft wird sonst kisten- und sackweise, wahrscheinlich Wintervorrat.


Wir haben, wie üblich, nicht die Hauptverkehrsstrasse nach Wolgograd gewählt, sondern die Nebenstrasse die direkt auf der anderen Wolgaseite langführt. Sie ist nicht sonderlich bester Qualität, aber das wäre die Hauptstrasse mit Sicherheit auch nicht gewesen.

 

Einen Wolgaarm müssen wir sogar mittels Fähre kreuzen. Auf deren Abfahrt warteten wir dann knapp drei Stunden. Wahrscheinlich fährt sie nur einmal am Tag hin und einmal zurück.


Zur Wolga und den dort liegenden kleinen Orten führen zumeist Sandwege.

So sehen offizielle Verkehrswege hier aus. Allerdings lassen sie sich auch meistens besser befahren als die Asphaltstrassen.

 

Übernachtet haben wir oft direkt an der Wolga oder einem Seitenarm. Der Wind blies dabei nicht selten was er konnte. Richtig schlecht war das allerdings nicht, denn immerhin hat er so die Millionen kleinen Fliegen vertrieben, die es hier gibt und die sich mit Vorliebe die windstillen Fleckchen aussuchen.


Wenn nur die Wolga nicht so schlammig wäre! Wahrscheinlich kann sie garnichts dafür, denn der Boden hier ist lehmig und beim kleinsten bischen Wasser entsteht eine Matschpampe allererster Sahne. Füchse leben hier und auch Schlangen haben wir gesehen.


Zwischen Wolgograd und Astrachan zieht sich die Wolga, von kasachischer Seite aus betrachtet, etwas ins Hinterland zurück . Dafür hat sich ein Tal verschiedener Flussläufe gebildet, die sich etwas abseits der Strasse entlangziehen.


Spätestens 100 km vor Astrachan beginnt die Steppenlandschaft.

 

Karges Land mit jeder Menge Schaf- und Kuhherden und auch frei laufenden Pferden. Die Schafhirten sind auch häufig mit dem Pferd unterwegs. Kühe und Schafe kreuzen des Öfteren die Straßen. 


Kasachstan ist nur einen Steinwurf entfernt. Die Menschen hier haben schon die übliche sonnengegerbte Haut und die typischen Gesichtszüge. Da fallen nicht nur wir, sondern natürlich gerade Lieschen und Räuber besonders auf. Alle wirken ganz in sich ruhend und gelassen.


Wenn man glaubt, mit Astrachan das Kaspische Meer erreicht zu haben, täuscht man sich gewaltig. Die Stadt liegt als lebhaftes Zentrum mit wirklich schöner Hafenpromenade am Beginn des Wolgadeltas. Das Meer kommt erst nach ca. 100 km.

 

Wir sind mit der Hummel in das Wolgadelta gefahren und haben dann von dortaus eine Bootsfahrt bis zum Kaspischen Meer unternommen. Was für ein Spaß für Räuber, der das schnelle Motorboot  auch steuern durfte!

Wir "Großen" haben uns an der Tierwelt einschließlich Fischadler und der Pflanzenwelt erfreut. Wir konnten sogar noch einige der Lotusblumen entdecken.


Von Astrachan, einer ganz hübschen Stadt an der Wolga, führte uns der Weg weiter westlich quer durch die Kalmückensteppe nach Elista. Die im Licht schimmernde Steppenlandschaft, die kargen Dörfchen, durch die der Wind Bündel aus getrockneten Gräsern und Zweigen treibt, die endlos scheinenden Straßen, die Salzseen am Wegesrand sind schon etwas Besonderes. Sogar eine Kamelherde haben wir gesehen.


In Elista fühlt man sich dann in andere Gefilde versetzt. Das Stadtbild der Hauptstadt von Kalmükkien ist geprägt von Gebäuden im budistischen Baustil und einem sehr schönen buddhistishem Tempel. Eine tolle und sehr entspannte Atmosphäre. Die mitgebrachten Mantren erfreuen uns auch jetzt immer noch.


Wladikawkas als letzte Stadt in Russland oder besser gesagt in der autonomen Republik Nordossetien-Alanien war unsere letzte Station im Land.

 

Eigentlich wollten wir wir hier die letzten Tage unserer  Visagültigkeit ruhig ausklingen lassen, aber ein sehr "fleißiger" Polizist, der uns unweit der Stadt in einem für Ausländer verbotenen Gebiet aufgriff und meinte, er müsse uns unbedingt mit auf ein Amt für Migration schleppen, machte dem einen Strich durch die Rechnung.

 

Unabhängig davon, dass wir nach einem ganzen Tag auf der Behörde, einem Gespräch mit dem ossetischen "FBI" , Unmengen von Protokollen und geleisteten Unterschriften und einer Strafe von 2.000 Rubel die wir bezahlen sollen aber nicht müssen, sofort am nächsten Tag das Land verlassen sollten, hatten wir auch keine Lust nach dieser Aktion länger in Ossetien zu bleiben. Und das Ganze mangels Schildern und unser Unkenntnis. Uns wurde aber versichert, es käme sehr oft vor, dass Ausländer aufgegriffen werden und dann dieses Prozedere durchlaufen müssen. Es sei kein böser Wille, nur sei man aufgrund der Historie und dem Punkt, das man nur von muslimisch geprägten Regionen umgeben sei, sehr aufmerksam und hellhörig. Nun lassen wir das unkommeniert dahingestellt.

 

Immerhin haben wir es geschafft, am Vortag das von der Familie gesandte Geburtstagspäckchen für Räuber problemlos abzuholen.


Unser letzter Eindruck von diesem Teil Russlands soll auch nicht diese unschöne Erfahrung sein. (Nun gut immerhin durften wir bei der Behörde Wasser für das Auto nachfüllen, wurden durch die Stadt geleitet und die Kinder haben Süßigkeiten ohne Ende abgegriffen.) Wir erinnern uns viel lieber der wunderbaren Begegnungen hier im Süden.

 

Gern denken wir an Rawil den Schafhirten im Wolgadelta zurück, der uns erst einen Tag lang besucht hat und dann am nächsten Tag seine kleine Familie, Nigul und Nail, mitbrachte damit wir Fotos von Ihnen machen. Sie waren so stolz und dankbar, als wir ihnen die Fotos auf das Handy überspielt haben. Da sie ihr kleines Dorf am Fluss bislang noch nicht zu häufig verlassen haben, hätten sie sich wahrscheinich auch nie auf den Weg zum Fotografen gemacht. Die Fotos werden sie jetzt wahrscheinlich ein Leben lang begleiten. Als Dankeschön brachten sie eine Flasche frische Milch und eine Einladung zur Banja. Leider war wieder mal ein Reifen defekt, so dass wir uns auf den Weg zur nächsten Schinomontasch machen mussten.


Oder wir denken an Kamil mit Naida und ihren Kindern.

 

Kamil haben wir an einem kleinen Fluss getroffen, als er Wasser für seine Kühe getankt hat. Spontan hat er uns zu seiner Familie zum Essen eingeladen. Dort hatten wir einen wunderbaren Abend und Morgen inmitten der Kalmückensteppe.


Auch wenn er uns, in Unkenntnis natürlich, den "verbotenen" Ort in Ossetien empfohlen hat, denken wir gern zurück an die kurze Begegnung mit Georgi das mit einem neuen Topfdeckel und einem Abwaschlappen endete und das Telefonat mit seiner Frau Olga.


Oder auch die schönen Tage in Rakhinka. Wo wir so unkomplizierte, wahnsinnig freundliche aber so garnicht aufdringliche Begegnungen mit den Dorfbewohnern hatten.


Und wenn es nur der kurze Stopp an der Strasse bei einem Melonenhändler war. Von welchem wir übrigens garkeine Melone kaufen wollten, sondern uns für die Decken interessiert haben, mit welchen er seine Melonen abgedeckt hatte. Die wollte er uns dann sogar noch mitgeben,obwohl sie garnicht verkäuflich waren, einschließich einer Melone natürlich.

 

All diese wunderbaren Begegnungen bleiben uns in Erinnerung.


Wir hatten eine tolle Zeit in Russland und würden Euch empfehlen, das Land zu besuchen und Euch unbedingt selbst ein Bild zu machen. Es ist anders und wir haben unsere Zeit gebraucht uns zu gewöhnen. Und wir haben nur geschafft einen Bruchteil zu besuchen. Aber Russland ist wirklich toll.

 

In jedem Land gibt es  gute und schlechte Seiten aber letzten Endes wollen die Menschen überall nur das Gleiche - in Frieden leben. Die Menschen hier sind so warmherzig und herzlich wie wir es bislang selten erlebt haben. Sie haben es verdient, dass man sie kennenlernt! Wir werden wiederkommen ....


Danke Russland - es war schön!

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Kommentare: 2
  • #1

    Diane (Dienstag, 11 Oktober 2016 15:13)

    Immer wieder eine Freude ueber Eure Erlebnisse zu lesen (und jaaaa, ein buddhistischer Tempel in Russland war mir definitiv auch neu!)!

    Und jetzt freu ich mich auch schon auf Eure Abenteuer in Georgien!!!
    Wir wollen dort wie gesagt im naechsten Sommer hin - am liebsten sind wir ja mit Rucksack und Zelt unterwegs, aber Campingplaetze jibts in G. nich und vom wilden Camping wurde an mehreren Stellen abgeraten.
    Mal schaun, was so Eure Eindruecke sind - ich bin gespannt ;-)

    Liebe Gruesse aus Norge!

  • #2

    Kathleen und Rene (Freitag, 28 Oktober 2016 20:34)

    @ Diane
    Das klingt nach einem schönen Urlaubsziel! Wir arbeiten fleißig am Blog.
    Campingplätze gibt es wirklich nicht. Für uns war frei stehen nie ein Problem und wir hatten auch nichts gehört, dass es mit Wildcamping Herausforderungen geben könnte. LG
    Norwegen sollen ja auch toll für Camper sein :-)